Geothermie - Geologische Standortvorteile in Hessen nutzen

Durch die geologischen Gegebenheiten des Oberrheingraben bietet sich für Hessen die Möglichkeit, im Bereich der Geothermie eine bundesweite, wenn nicht gar europaweite Führungsrolle einzunehmen und einen großen Schritt hin zur Dekarbonisierung unserer Wärmeversorgung und - bedingt - unserer Stromnetze zu tun. Nach Schätzungen des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) birgt der hessische Teil des Oberrheingrabens inklusive der angrenzenden Gebiete ein Wärmeenergiepotential von bis zu 85.000 TWh jährlich. Gleichzeitig kann durch den Einsatz der Tiefengeothermie die Abhängigkeit von Energieimporten aus autokratischen Staaten verringert werden. Die Notwendigkeit dazu hat der Ukraine-Krieg schmerzhaft vor Augen geführt. 

Zwar hatte der Deutsche Bundestag bereits im Jahre 2004 einen Maßnahmenkatalog zum Ausbau der geothermischen Energienutzung empfohlen, jedoch gibt es bislang keine Strategie für eine umfassende, flächendeckende Nutzung der Tiefengeothermie.

Mit dem Programm “HessenThermie 2035” fordern wir als KlimaUnion Hessen, das Potenzial dieser grundlastfähigen, sauberen und heimischen Energiequelle zu entfesseln. Das von uns vorgesehene Programm baut auf sieben Säulen:

  1. Vorrang für Geothermie bei der Flächennutzung: Wir fordern die Ausweisung von Vorzugsflächen in den Raumordnungsplänen der Landkreise und Flächennutzungsplänen der Kommunen für die bohrungsgestützte Exploration und den Bau geothermischer Kraftwerke.

  2. Abbau bürokratischer Hemmnisse: Wir wollen durch gezielte Einzelmaßnahmen die Hürden für die Nutzung von Geothermie in Hessen schrittweise abbauen.

  3. Rechtliche Gleichstellung thermischer und elektrischer Energieanlagen: Die verkürzten Fristverfahren, die im Jahr 2021 im Zuge der Novelle des Bundesberggesetzes (BBG) eingeführt wurden, gelten bislang nur für Anlagen, die elektrische Energie generieren. Die rechtliche Gleichstellung elektrischer und thermischer Energieträger ist längst überfällig und muss schnellstmöglich umgesetzt werden.

  4. Privilegierung der Geothermie im Baugesetzbuch: Geothermische Kraftwerke müssen dieselben bauplanungsrechtlichen Privilegien, die bereits Wind- und Wasserkraftwerke genießen, erhalten.

  5. Konsequente Anwendung und notwendige Anpassung des BBG: Trotz eindeutiger bundesgesetzlicher Regelungen behindern Interpretationen einzelner Paragrafen des Gesetzes durch die Bundesländer vielfach den Ausbau der Geothermie durch gesonderte Verfahren wie die Vergabe von Bergbauberechtigungen und Betriebsplanzulassungen. Vor diesem Hintergrund fordern wir das Land Hessen auf, das BBG buchstabengetreu auszulegen. Ferner plädieren wir dafür, die Nutzung oberflächennaher Geothermie (bis zu 400m Tiefe) aus dem Geltungsbereich des BBG zu streichen und dass dieses nur noch im Bereich der tiefen Geothermie (ab 400m Tiefe) Anwendung findet.

  6. Projekt statt Einzelanmeldungen: Wir fordern die Vereinfachung der Anmeldung von geothermischen Bohrvorhaben, indem künftig mehrere Bohrungen nicht jeweils einzeln, sondern gemeinsam als ein Projekt angemeldet werden können, um sowohl die Antragssteller als auch die Wasser- und Bergbehörden zu entlasten.

  7. Anreiz- und Bonussystem für Kommunen: Wir setzen uns mit Nachdruck dafür ein, dass private Haushalte, öffentliche Gebäude und Gewerbebetriebe der teilnehmenden Kommunen über einen Zeitraum von zehn Jahren kostenlos mit Wärmeenergie aus geothermischen Heizkraftwerken versorgt werden. Wir setzen uns ebenfalls dafür ein, die jährliche "Bundesförderung für effiziente Wärmenetze" (BEW) von aktuell 1,174 Mrd. Euro auf 2 Mrd. Euro zu erhöhen.

Photovoltaik - Sonne einschalten

Hessen liegt in der Statistik der installierten Leistung von Photovoltaikanlagen trotz guter Sonnenbedingungen im Süden Deutschlands und als flächenmäßig siebtgrößtes Bundesland mit 3.072 MWp installierter Leistung nur auf Platz 9 aller Bundesländer.

Die KlimaUnion Hessen setzt sich für folgende Verbesserungen ein:

Freiflächenverordnung auf Solarparks ausweiten

Die hessische Freiflächensolaranlagenverordnung ermöglicht seit Ende 2018 den Bau von Photovoltaikanlagen in benachteiligten landwirtschaftlichen Gebieten. Gemeint sind insbesondere Flächen, die wegen schlechter Bodenqualität wenig ertragreich sind. In Hessen gelten ca. 320.000 Hektar landwirtschaftliche Flächen als benachteiligt. Sie machen etwa zwei Fünftel des Acker- und Grünlands aus. Die Verordnung begrenzt den Zubau von Freiflächen-Anlagen auf 35 Megawatt pro Jahr. Das entspricht einer Fläche von weniger als 50 Hektar – also auf einen Bruchteil des möglichen Potenzials. Rheinland-Pfalz beispielsweise ermöglicht jährlich 200 Megawatt Solarparks auf solchen Flächen. Das wäre auch für Hessen eine angemessene Größenordnung.

Privilegierung Freiflächen-PV im Baugesetzbuch

In § 35 BauGB ist bisher keine Privilegierung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen vorgesehen. So muss für jede neue Anlage ein Verfahren zur Bebauungsplanänderung samt Änderung des Flächennutzungsplans durchgeführt werden, was den Genehmigungsprozess stark verlängert. Hessen sollte sich für eine Privilegierung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen im Baugesetzbuch auf Bundesebene einsetzen.

Koexistenz von Landwirtschaft und Photovoltaik ermöglichen

Hessens Regionalpläne weisen große Flächen als Vorranggebiete für Landwirtschaft aus. Diese Flächen bieten zum Teil keine günstigen Bedingungen für den Ackerbau. Eine Nutzung für Photovoltaik ist in zwei der drei hessischen Planungsregionen bislang dennoch nur mit einem Zielabweichungsverfahren möglich. Lediglich der Regionalplan Südhessen bietet die Möglichkeit, landwirtschaftliche Vorrangflächen bis zu einer Größe von fünf Hektar auch ohne Zielabweichung in Anspruch zu nehmen. Die Planungsregionen Mittel- und Nordhessen sehen das nicht vor. Da die Hürden für ein erfolgreiches Zielabweichungsverfahren sehr hoch sind, wäre es angemessen, die in Südhessen praktizierte Möglichkeit, auf Flächen bis zu einer Größe von zehn Hektar zu erweitern und auf die beiden anderen Planungsregionen zu übertragen.

Verbesserte Förderung von Agri-PV

Eine Möglichkeit, gleichzeitig landwirtschaftliche Flächen für Photovoltaik und für den Anbau von Pflanzen zu verwenden, ist die so genannte Agriculture-Photovoltaik („Agri-PV“). Sie ist in Zeiten heißerer und trockenerer Sommer auch eine Möglichkeit, hitzeanfälligen Pflanzen zu einer besseren Entwicklung zu verhelfen.

Da Agri-PV im Vergleich zur ebenerdigen Freiflächen-PV mehr Fläche und eine aufwändige Unterkonstruktion benötigt, liegen die Kosten ungefähr doppelt so hoch. Um dieser neuen Form der PV-Nutzung eine verlässliche Anschubfinanzierung zu geben, soll sich Hessen als Flächenland für eine Förderung, z.B. über besondere Einspeisevergütungen (mit gedeckelter Gesamtleistung in MWp pro Jahr und begleitender Evaluation), einsetzen.

Netzanschluss

Eine funktionierende Netzinfrastruktur ist das Nadelöhr für den weiteren Ausbau der Photovoltaik in der Fläche. Aufgrund hoher Kosten für eine Nach- bzw. Aufrüstung können viele Projekte nicht realisiert werden. Die KlimaUnion Hessen fordert das Land Hessen auf, Möglichkeiten für eine Förderung dieser Netzinfrastruktur zu schaffen, bspw. in Form von landeseigenen Förderprogrammen.

Windenergie - Hemmnisse abbauen und Bürger mitnehmen

Es besteht parteiübergreifend Konsens, dass Hessen spätestens 2045 CO2-neutral sein muss; nur so sind die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens überhaupt noch zu realisieren. Ausschließlich die Windenergie kann nach dem derzeitigen Stand der Technik bei dieser Planung die entscheidende Rolle bei der Stromgewinnung spielen. Jedoch kommt der Ausbau hierzulande seit Jahren kaum voran; er ist in den letzten Jahren sogar rückläufig gewesen. 2016 sind in Hessen mehr Windräder genehmigt worden (178) als in den darauffolgenden 5 Jahren (139) zusammen, wie eine Datenauswertung des Hessischen Rundfunks zeigt. Bei der flächenspezifisch installierten Windenergieleistung steht Hessen daher mit 110 Kilowatt je Quadratkilometer deutlich schlechter da als die meisten anderen Bundesländer.

Problematisierend kommt hinzu, dass Hessen ein einsamer Spitzenreiter bei der Dauer von Genehmigungsverfahren für Windkraftprojekte ist. Ab Einreichung der Unterlagen vergehen in Hessen im Schnitt 56,7 Monate bis zu einer Entscheidung. Der Bundesdurchschnitt beträgt 24,8 Monate.

Vor diesem Hintergrund fordert die KlimaUnion Hessen folgende Maßnahmen, um den Ausbau von Windkraft in Hessen deutlich zu beschleunigen:

Vorranggebiete Windkraft

Obwohl das Land Hessen offiziell mehr als 2% der Landesfläche als Vorranggebiete für Windkraftanlagen definiert hat, stehen Teile dieser Flächen aufgrund anderer übergeordneter Gründe gar nicht zur Verfügung. So sind zum Beispiel die Belange der Deutschen Flugsicherung und der Bundeswehr bisher nicht berücksichtigt worden. Wir fordern, dass die für Windenergie faktisch nicht möglichen Flächen aus den Vorranggebieten entfernt und durch tatsächlich mögliche Flächen ersetzt werden. 

Bei diesen neuen Vorrangflächen sollte es auch ein Vorschlagsrecht der Kommunen geben, damit auch Kommunen ohne Vorrangflächen, solche Flächen für die Beplanung mit Windenergieanlagen (WEA) unbürokratisch erhalten können, bspw. für die regionale Versorgung von Industrieunternehmen oder Krankenhäusern

Bürgerbeteiligungsgesetz

Beim Ausbau der Windenergie gibt es offenkundig Akzeptanzprobleme aufgrund der Sichtbarkeit großer Windenergieanlagen und aufgrund jahrelanger bundesweiter massiver Fehlinformationen zur Infraschalbelastung von Windkraftanlagen. 

Durch kommunale und bürgerschaftliche Teilhabe könnten diese Probleme verringert werden. Wer bspw. in Mecklenburg-Vorpommern einen Windpark betreiben will, muss die Anwohner finanziell beteiligen. Laut BVerfG ist das ein schwerwiegender Eingriff in die Berufsfreiheit der Windparkbetreiber, der aber wegen des Gemeinwohlziels Klimaschutz gerechtfertigt ist. Sogar das BVerfG hält das Gesetz in anderen Bundesländern für nachahmenswert: "Das Gesetz kann daher als Modell für vergleichbare Regelungen zur Sicherung einer akzeptanzsteigernden bürgerschaftlichen und kommunalen Beteiligung am Ausbau der Windenergie dienen."

Artenschutzrechtliche Blockaden lösen

Die hessische Verwaltungsvorschrift zum Artenschutz hat Untersuchungsumfänge weiter ausgedehnt. Insbesondere in Hessen ist die verwaltungsrechtliche Entscheidung darüber zudem sehr zeitintensiv.

Wir brauchen ein Umdenken beim Artenschutz, das sich auch im Gesetz und in Verwaltungsvorschriften widerspiegelt. Es muss dabei um ein sinnvolles Miteinander gehen und nicht um ein Verhindern, das Verfahren und insgesamt den dringend benötigten Ausbau der Windenergie lähmt. Konkret bedeutet dies: In der Gesetzeslogik und -methodik muss die Population einer Art und nicht das einzelne Exemplar im Mittelpunkt stehen. Dies entspricht auch den aktuellen Empfehlungen der EU-Kommission.

Genehmigungsprozesse massiv beschleunigen

Das Nadelöhr für die Genehmigung von Windenergieanlangen (WEA), also für den Ausbau der Windenergie, bleibt das Verwaltungsverfahren für die Genehmigungsverfahren von Windkraftprojekten, welches in Hessen das bundesweit mit sehr großem Abstand langsamste Genehmigungsverfahren ist (Beispiel: Sachsen 11 Monate – Hessen 56,7 Monate).

Der Landesgesetzgeber sollte den Behörden die Befolgung des Prinzips „im überragenden öffentlichen Interesse“ in Form eines Erlasses aufgeben. Die Behörden sind dazu anzuhalten, Genehmigungsverfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen. Belange, die bereits bei der Ausweisung von Vorranggebieten berücksichtigt und abgewogen wurden, sollten in den Verfahren nicht mehr als Genehmigungshindernis geprüft werden. Das gilt beispielsweise für den Denkmalschutz.

Herr Frau
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